Dr. med. Cecilia Bonhag - Praxis für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie

Ticstörungen

Bei der Tic-Störung handelt es sich um eine neurologische Störung, nicht um eine "Angewohnheit".

Vorkommen und Einteilung:

Meist beginnt die Störung bei Kindern im Alter von 6-8 Jahren, Jungen sind häufiger betroffen. Man unterscheidet eine vorübergehende Tic-Störung von einer chronischen Tic-Störung (wenn länger als 12 Monate dauernd).
Zudem unterteilt man Tic-Störungen in die motorische -, vokale - oder kombinierte Störung motorischer und vokaler Tics. Letztere bezeichnet man auch als Gilles-de-la-Tourette-Syndrom.

Was sind motorische bzw. vokale Tics? - Das Erscheinungsbild:

Motorische Tics sind unwillkürliche, rasch und oft in Serien auftretende Muskelzuckungen, wobei insbesondere Muskeln im Gesichtsbereich oder Schulterbereich betroffen sind. Häufig kommt es dabei zu "Augenzwinkern", "Naserümpfen" oder anderer Form des Grimassierens, gelegentlich zu "Kopfwenden", "Kopf in den Nacken legen" o.ä.. Komplexe Tics sind vielgestaltiger, beispielsweise kommt es zu "Hüpfen" , "sich an die Schulter fassen" oder ähnliches...
Bei vokalen Tics kommt es zu unwillkürlichen Lautäußerungen wie "Fiepen", "Räuspern", "Hüsteln" etc. Bei komplexen vokalen Tics können hingegen ganze Worte geäußert werden, in speziellen Fällen werden Schimpfworte oder obszöne Worte vom Patienten geäußert.
Generell kann das Erscheinungsbild wechseln, d.h. im Laufe der Zeit treten neue Tics auf, andere verschwinden wieder. Der Verlauf ist meist auch hinsichtlich der Häufigkeit und Ausprägungsgrad der einzelnen Tics schwankend. Unter psychischer Erregung/Anspannung können sich die Tics verstärken. Dabei kann auch positive Erregung wie Freude zu einer Verstärkung der Tics führen. Meist gelingt es den Kindern -wenn überhaupt-, nur für kurze Zeit, die Tics willentlich zu unterdrücken, dann kommt es jedoch oft in Phasen der Entspannung zu einer "Entladung" der Tics. Im Schlaf treten Tics in der Regel nur sehr abgeschwächt oder gar nicht auf.
Beim Gilles-de-la-Tourette-Syndrom (GTS) treten zunächst motorische Tics in Erscheinung. Später kommen vokale Tics hinzu. Die motorischen Tics sind dabei i.d.R. anfangs auf den Kopf-/Schulterbereich begrenzt, später sind auch andere Muskelgruppen betroffen und die Tics werden komplexer. Auch die vokalen Tics zeigen meist beim GTS einen fortschreitenden Verlauf. Insgesamt sind die Verläufe jedoch in ca. 2/3 der Fälle als milde bis mäßig einzustufen. Nur bei einem Teil der Betroffenen kommt es zu einer schweren Ausprägung mit einer deutlichen Belastung für das Kind und die Familie.

Was ist die Ursache?

Neurobiologische und neurophysiologische Faktoren spielen eine Rolle. Bei Betroffenen wurde eine erhöhte Dichte von bestimmten Botentstofftransportern (für den Botenstoff Dopamin) und Botenstoffbindungsstellen in gewissen Hirnregionen gefunden. Vermutet werden eine Überempfindlichkeit von Dopaminrezeptoren und eine mangelnde motorische Hemmung im Bereich spezieller Hirnareale.

Therapiemöglichkeiten:

Die Behandlung sollte in Abhängigkeit von der Ausprägung und hiermit verbundenen Belastung des Betroffenen erfolgen. Bei "einfachen" motorischen oder vokalen Tics ist oft eine Aufklärung und Beratung ausreichend. Bei chronischen Verläufen oder wenn das Kind unter einem Gilles-de-la-Tourette-Syndrom leidet, ist oft eine umfassendere Therapie angezeigt. Dabei kann die Symptomatik durch eine medikamentöse Behandlung beispielsweise mit "Neuroleptika" günstig beeinflusst werden. Zusätzlich ist oft eine Verhaltenstherapie, in manchen Fällen auch eine Familientherapie angezeigt.
Bei ausgeprägter Symptomatik empfiehlt es sich auch die Lehrer/Schule aufzuklären, damit dort der richtige Umgang mit dem Kind gefunden werden kann.

Der Verlauf:

Die Prognose der "einfachen" Tics im Kindesalter ist oft günstig. Bei etwa 2/3 der Patienten verschwinden die Symptome im Verlauf, bei etwa 15% bleibt das Erscheinungsbild unverändert, bei etwa 15 % verschlechtert sich die Symptomatik.
Beim GTS ist der Verlauf vergleichsweise ungünstiger. Dennoch kommt es auch hier bei ca. der Hälfte der Patienten im Verlauf zu einer Besserung, bei einem Teil zur völligen Symptomfreiheit. Nur selten treten sehr schwere Verläufe auf.


Weiterführende Informationen und Hilfe finden Sie auch hier:
Buch von Angela Scholz/Aribert Rothenberger: "Mein Kind hat Tics und Zwänge", Verlag: Vandenhoeck & Ruprecht, ISBN: 3-525-4885-1
Tourette-Gesellschaft Deutschland e.V.
c/o Prof.Dr.Aribert Rothenberger, Universität Göttingen, Abt.für Kinder- und Jugendpsychiatrie- Psychotherapie, Von Siebold-Str.5, 37075 Göttingen,
Internet: www.tourette.de
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